Der Werwolf – der Vollmond treibt ihn raus
Die Wolken geben den Blick auf den vollen Mond frei. Scheinbar unter Qualen reißt sich ein Mann die Kleidung vom Leib. Sein Körper überzieht sich mit einem dichten Fell, Arme und Beine verändern ihre Form und enden in langen, starken Krallen und in seinem Gesicht blitzen gewaltige Reißzähne und funkeln Augen mordgierig in die Nacht. Sein erstes Heulen in dieser Nacht jagt jedem, der es hört, Krämpfe purer Angst die Magengrube. Heute Nacht ist der Werwolf wieder auf Jagd.
Die Mythen über Werwölfe oder Lykanthropen, wie die Wissenschaft Menschen nennt, die meinen, sich in Wölfe zu verwandeln, sind bereits seit der Zeit der Germanen bekannt. In den nordischen Mythologien spielen Wölfe ohnehin eine große Rolle. Es sind Wölfe, die Sonne und Mond hetzen, die Odin zur Seite stehen und es ist ein Wolf, der beim Weltenende Odin verschlingen wird. An vielen Stellen der nordischen Heldensagen treten Werwölfe auf und bei den Griechen wurde König Lykaon von Zeus als Bestrafung in einen Wolf verwandelt. Bis in unsere Zeit reicht die Faszination am Werwolf-Mythos und es gibt auch heute Menschen, die der Überzeugung sind, sich in Wölfe verwandeln zu können. Allerdings befinden sich diese im Regelfall nicht angekettet im Keller, sondern in intensiver, therapeutischer Behandlung.
Vom blanken Horror zur besten Unterhaltung
Bis in die späte Neuzeit hinein, sorgte die Angst vor Werwölfen für Hetzjagden, Verfolgungen, Anrufung der Inquisition und wissenschaftliche Untersuchung der Möglichkeiten zur Metamorphose (Verwandlung) sowie der psychologischen Aspekte. Ausreichend Stoff, um daraus Romane zu schreiben und später trickreiche Kinofilme zu drehen. In neueren Filmen hat der Mythos Werwolf, ähnlich wie die Figur des Vampirs, einen Touch Romantik dazubekommen. Er ist nicht mehr nur die blutgierige Bestie, die Schafe und Menschen reißt, sondern er ist zum Wesen mit Empfindungen und Intelligenz avanciert, der sein Dasein hinterfragt. Kinofilme wie ‚Twilight‘, ‚Underworld‘ oder die TV-Serie ‚Teen Wolf‚ sind Beispiele für die veränderte Figur des Werwolfs.
Zu guter Unterhaltung tragen Werwölfe heute auch in anderen Umgebungen bei. Man trifft sie nämlich beim Fasching, zu Halloween und auf Mottopartys an. Einige der Party-Werwölfe bestätigen den endlosen Hunger eines Werwolfs, andere wiederum reißen einfach nur das Maul weit auf. Die Kostüme sind mit ihren Latexmasken heute so detailliert, dass man beim plötzlichen Anblick einer solchen Verkleidung zuerst sämtliche Fassung verlieren kann und für Sekundenbruchteile die Existenz solcher Kreaturen für möglich hält. Ist an den uralten Legenden über Werwölfe vielleicht doch etwas und der Schrecken erinnert uns an vergessene Ur-Ängste?