Der Aberglaube im Mittelalter

Mittelalterlicher Aberglaube

Die Kreaturen des Aberglaubens

Die Hauptfiguren waren Zauberer, Hexen, Teufel und Dämonen. Die bereits bei den Wikingern, Germanen und antiken Griechen bekannten Werwölfe, Untote und Geister zählten ebenfalls dazu. Der blutsaugende Vampir war hierzulande noch nicht bekannt. Diese Kreaturen tauchten erst Anfang der Neuzeit im 17. Jahrhundert auf. Je nach Region bekamen die schaurigen Geschöpfe Gesellschaft durch Kobolde, Klabautermänner, Elfen, Nixen, Feen, Zwerge, Trolle und Irrlichtwesen. Wenn viele der genannten Wesen im Volksglauben eher dem Menschen wohlgesonnen waren, so wurden sie von der Kirche doch ausschließlich als Verführer des Bösen und grausame Geschöpfe dargestellt, die ihre menschlichen Opfer vor und oft auch nach deren Tod mit Leidenschaft quälten. Werwölfe waren sogar in der Lage, Menschen in ihresgleichen zu verwandeln, sofern diese einen Werwolf-Angriff überlebten. In unzähligen Filmen wie ‚Wolfman‘, Stephen Kings ‚Der Werwolf von Tarker Mills‘, ‚American Werewolf‘, ‚Underworld‘ und der Teenie-Komödie ‚Teen Wolf‘.

War’s das?

Amulett
Aberglaube besteht nicht nur aus dem Glauben an monströse Kreaturen und zauberkundige Wesen. Auch Bräuche oder Rituale entspringen dem Aberglaube. Von Wünschelrutengängern, Karten legen, dem Pendeln und dem mystischen Wijaboard, dem Hexenbrett, hat fast jeder schon gehört. Das Brauen geheimnisumwitterter Liebestränke und Segnen von Reisen, Gegenständen, Amuletten oder Schiffen ist zum Teil bis heute überliefert. Speziell Amulette und Talismane sind äußere Zeichen für Aberglaube. Sie sollten heute wie früher Schutz vor Krankheit, Unfall, Tod, Armut oder Gewalt bieten und zusätzlich Kraft spenden. Zu den Bräuchen, die es bereits im Mittelalter gab und dies ich bis heute – wenn auch leicht verändert – erhalten haben, zählen allen voran Halloween, das Biikebrennen in Nordfriesland oder das strikte Einhalten von bestimmten Regeln vor der Geburt, wie sie in der Eifel bis weit in die Neuzeit galten, damit das Kind nicht schon vor der Niederkunft Schaden oder ein schlechtes Schicksal mitbekommt.

Auch innerhalb des christlichen Glaubens bildeten sich verschiedene abergläubische Ängste und Rituale. Freitag, der 13., die schwarze Katze von links, das Richtfest beim Hausbau oder die ‚Erziehungshilfe‘, dass der Teufel einen hole, wenn man dieses oder jenes macht. Die Kirche verschaffte sich mithilfe des Aberglaubens Macht, da im Mittelalter nur wenig Menschen des Lesens und noch weniger des Lateinischen kundig waren. Die Bibel existierte bis zu Luthers Übersetzung im Jahr 1522 in Latein. Somit war für das gemeine Volk schwer nachvollziehbar, ob ihnen wirklich Gottes Wort gepredigt wurde oder ihm nur genug Angst eingeredet werden sollte, damit es spurte. Die Krönung solchen Missbrauchs waren die Hexenverfolgungen zu Beginn der Neuzeit.

Heute sind wir weiser, oder?

Der Aberglaube hat unter anderem dazu geführt, dass wir die Welt ein wenig besser verstehen. Rational denkende Menschen und Zweifler gingen den abergläubischen Ansichten auf den Grund, um die Ursachen und den Wahrheitsgehalt zu klären. Im Mittelalter konnten man damit allerdings gewaltig Probleme bekommen, da aufgeklärte, neugierige Menschen schnell als Ketzer bezeichnet wurden, wenn sie gängigen Glauben hinterfragten oder gar widerlegten.

Heute wissen wir, dass die Schauergeschichten um den unglückseligen Freitag, den 13., die von links kreuzende schwarze Katze oder die Krähen als Todesboten Nonsens sind. Wirklich? Tatsache ist, dass sehr viele Menschen auch heute ziemlich nervös werden, wenn der 13. Monatstag auf einen Freitag fällt. Glücksbringer, Kartenlegen und Horoskope erfreuen sich sehr großer Beliebtheit. Das nach aufgehängte, oben offene Hufeisen und die Schutzformel der Sternsinger beruhigen die Bewohner eines Hauses oder einer Wohnung und wer hat nicht schon schnell einen Wunsch nach oben gesendet, wenn er eine Sternschnuppe sah? Frag doch mal Horrorfilmliebhaber, ob sie den Namen ‚Candyman‚ schon drei Mal laut vor einem Spiegel gesagt haben.

In den Industrienationen, wo die Wissenschaft annähernd alles mit Physik, Chemie und Technik erklären kann, wird es wohl so schnell zu keiner Jagd mehr auf kräuterkundige Frauen kommen. Angesichts der vielen Fantasy-Filme und Serien, die sich um Dämonen, Hexen, Schattenwesen und Parallelwelten drehen, könnte man meinen, die Menschen hätten Sehnsucht nach einer Welt mit Monstern und Magie. Eventuell liegt es ja daran, dass, wenn es keine dunklen Wesen gibt, es wohl auch keine guten Wesen gibt, die man um Hilfe oder Trost anrufen kann. Auch der Wunsch, sich die magische Welt der Kindheit zu erhalten, in der irgendwie immer alles gut ausgeht, könnte das gesteigerte Interesse an Okkultismus, alten Naturreligionen und Märchenwelten erklären. Wenn auch weitaus friedlicher und besonnener als im Mittelalter, kommen wir scheinbar auch heute nicht ohne Aberglauben aus.